FDP will E-Scooter und Hoverboards schnell zulassen
Der von der Bundesregierung vorgelegte Verordnungsentwurf für die Nutzung von Elektrokleinstfahrzeugen im öffentlichen Raum stößt auf Kritik bei den Oppositionsfraktionen. Während der Debatte am Freitag, 22. März 2019, bewerte die FDP-Fraktion die Verordnung als zu eng gefasst und zu bürokratisch. AfD-, Grünen- und Linksfraktion geht die Regelung hingegen zu weit, da sie die Nutzung der Elektrokleinstfahrzeuge unter bestimmten Bedingungen auf Gehwegen erlaube.
FDP: Keine Versicherungspflicht vorschreiben
Daniela Kluckert (FDP) sagte, in vielen europäischen Metropolen gehörten E-Scooter und Hoverboards schon zum Straßenbild, „nur in Deutschland nicht“. Es sei falsch, die Elektrokleinstfahrzeuge als Kraftfahrzeuge zu kategorisieren und Altersbegrenzungen sowie eine Versicherungspflicht vorzuschreiben.
Ihre Fraktion habe einen Antrag mit dem Titel „E-Scooter und Hoverboards jetzt bürgerfreundlich zulassen – Flexible Mobilität schnell und innovativ ermöglichen“ (19/8543) vorgelegt, mit dem die Elektrokleinstfahrzeuge in das bestehende System der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) eingebunden würden, sagte die FDP-Abgeordnete. Vorgesehen seien drei Nutzergruppen, was laut Kluckert praxisnah sei. „Wir wollen Kosten runter und Bürokratie runter, damit die Elektrokleinstfahrzeuge endlich auch auf die Straßen kommen“, sagte sie.
Regierung: Verordnung soll im Frühjahr in Kraft treten
Aus Sicht des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), Steffen Bilger (CDU), ist die Verordnung, die noch im Frühjahr in Kraft treten soll, ausgewogen. Weder die Komplettliberalisierung noch das Komplettverbot – beides gebe es in Europa – seien der richtige Weg, sagte er.
Von der Verordnung erfasst werden sollen Fahrzeuge ohne Sitz oder selbstbalancierende Fahrzeuge mit oder ohne Sitz, die eine Lenk- oder Haltestange haben, deren bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit zwischen 6 und 20 km/h liegt und die verkehrssicherheitsrechtliche Mindestanforderungen im Bereich von Brems- und Lichtsystem erfüllen. Laut dem Verordnungsentwurf sollen Elektrokleinstfahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von mehr als 12 km/h grundsätzlich Radwege befahren und ab Vollendung des 14. Lebensjahrs genutzt werden können.
Fahrzeuge mit bis zu 12 km/h dürfen auf Fußwegen und ab dem Mindestalter zwölf Jahre genutzt werden. Eine Zulassungspflicht sieht der Verordnungsentwurf nicht vor, wohl aber eine Versicherungspflicht. Was Elektrokleinstfahrzeuge ohne Lenk- oder Haltestange angeht – wie etwa Elektro-Skateboards –, so sei eine entsprechende Verordnung im Verkehrsministerium derzeit in Arbeit, erläuterte der Staatssekretär.
AfD: Sicherheitsbedenken wurden weggewischt
Fußgänger kämen sowohl im Verordnungsentwurf der Regierung, erst recht aber im Antrag der FDP, nicht vor, kritisierte Dr. Dirk Spaniel (AfD). Dabei habe sich die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) eindeutig gegen eine Berechtigung der Nutzung von Elektrokleinstfahrzeugen auf Gehwegen und für ein Mindestalter von 15 Jahren ausgesprochen.
Die Bundesregierung habe diese Sicherheitsbedenken jedoch weggewischt. Dies zeuge von „Selbstüberschätzung und fehlender rationaler Diskussionsgrundlage“, sagte Spaniel.
SPD: Ausgewogen, pragmatisch, angemessen
Arno Klare (SPD) machte deutlich, dass Elektrokleinstfahrzeuge Kraftfahrzeuge seien und infolge dessen auch die StVO gelten müsse. Die geplanten Regelungen seien keineswegs zu restriktiv, sagte er in Richtung FDP. Es gelte, die gleichwertigen Rechtsgüter Mobilität und Verkehrssicherheit in Einklang zu bringen.
Eine Versicherungspflicht etwa sei zwingend nötig. „Der Verordnungsentwurf ist ausgewogen, pragmatisch und der Situation angemessen“, lautete sein Fazit.
Linke gegen Nutzung der Gehwege
Eine Neuaufteilung des Verkehrsraums in den Städten, „mit dem Ziel, den Autoverkehr zu reduzieren“, forderte Andreas Wagner (Die Linke). Es werde mehr Platz für den Rad- und Fußverkehr und auch für die Elektrokleinstfahrzeuge benötigt.
Die jetzt vorgesehene Nutzung der Gehwege lehnte Wagner „aus Gründen der Verkehrssicherheit“ ab. Erfahrungen aus Ländern, in denen E-Roller schon im Verkehrsraum fahren dürfen, zeigten hohe Verletztenzahlen und zunehmende Konflikte zwischen E-Roller-Fahrern und Fußgängern, gab der Linken-Abgeordnete zu bedenken.
Grüne: Konflikte sind vorprogrammiert
Aus Sicht von Matthias Gastel (Bündnis 90/Die Grünen) wird die Verordnung die herrschende Verunsicherung nicht beenden. Zwar habe die Regierung ihren Entwurf nachgebessert, doch sei beispielsweise nach wie vor nicht klar geregelt, dass Elektrokleinstfahrzeuge auch in Bussen und Bahnen des öffentlichen Personennahverkehrs mitgenommen werden dürfen.
Falsch sei es auch, die Gehwegnutzung zu erlauben. Damit seien Konflikte vorprogrammiert. Auch Gastel sprach sich für eine Neuaufteilung des Verkehrsraums auf, „und zwar von außen nach innen“. Erst brauche es Gehwege und Radwege in der erforderlichen Breite. Daraus ergebe sich dann die mögliche Fahrbahnbreite für Autos und Lkw, sagte er.
CDU/CSU: Beitrag zur Vernetzung der Verkehrsträger
Die Nutzung der Elektrokleinstfahrzeuge sei ein Beitrag zur benötigten Vernetzung der verschiedenen Verkehrsträger, sagte Dr. Christoph Ploß (CDU/CSU). Ihre vorgesehene Legalisierung sei zu begrüßen.
„Elektrokleinstfahrzeuge werden die Mobilität in Deutschland noch flexibler und noch umweltfreundlicher machen“, zeigte sich Ploß überzeugt. (hau/22.03.2019)
Antrag der FDP
Die FDP fordert die Bundesregierung unter anderem auf, einen praxisnahen Anwendungsbereich für Elektrokleinstfahrzeuge entlang der Einführung von Geschwindigkeitsgruppen zu schaffen, der Spielraum für künftige Modelle und Typen lässt. Auf eine Verpflichtung zu einer Lenk- oder Haltestange solle verzichtet werden, da es bereits Modelle gebe, an denen eine solche Stange nicht angebracht werden kann.
Auch solle die Geschwindigkeit von Elektrokleinstfahrzeugen nicht pauschal auf maximal 20 Stundenkilometer begrenzt werden. Dadurch würden sie zu einem Verkehrshindernis, da selbst Fahrräder schneller fahren könnten und auch E-Fahrräder mit bis zu 25 Stundenkilometer führerscheinfrei genutzt werden dürften.
Drei Klassen von Elektrokleinstfahrzeugen
Zur Klassifizierung schlagen die Liberalen die Freizeitklasse, die Pendlerklasse und die Sportlerklasse vor. Die Fahrzeuge der Freizeitklasse sollten wie Inline-Skates behandelt werden, also als Nicht-Fahrzeuge gelten und an keine Versicherungspflicht gebunden sein. Die Höchstgeschwindigkeit sollte zwölf Stundenkilometer betragen.
Fahrzeuge der Pendlerklasse will die FDP wie Fahrräder betrachten. Sie wären also Fahrzeuge, benötigten aber keine zusätzliche Versicherung. Als Höchstgeschwindigkeit werden 25 Stundenkilometer empfohlen.
Zur Sportlerklasse zählen die Abgeordneten Kleinstfahrzeuge, die eine hohe Motorleistung aufweisen. Sie sollten als Kraftfahrzeuge deklariert werden und versicherungspflichtig sein. Die Höchstgeschwindigkeit solle 45 Stundenkilometer betragen, und sie sollten nur auf der Straße gefahren werden dürfen, so die Fraktion. (vom/22.03.2019)